Die Facetten des Textbegriffs haben sich mit der Ausdifferenzierung der theoretischen Konzeptionen im Zuge der und im Anschluss an die Postmoderne-Diskussionen der letzten 40 Jahre vervielfältigt. Zwischen den unterschiedlichen Traditionen und Zugriffen texttheoretischer Konzepte nimmt nun der indische Anglist Sukanta Chaudhuri mit seinem Buch The Metaphysics of Text eine vermittelnde Rolle ein. Dabei kommt ihm zustatten, dass er für seine Ausführungen sowohl auf westliche als auch auf indische Dichtungsbeispiele zurückgreifen kann – so stehen etwa Shakespeare und Borges neben Rabindranath Tagore. Das Hauptanliegen ist aber, die differenten texttheoretischen Vorstellungen für die Erkenntnis der Variationsbreite textlicher Erscheinungsformen nutzbar zu machen. Seinen zentralen Begriff der “textual metaphysics” (S. 20) leitet Chaudhuri nach Applizierung von Derridas ‘différance’-Konzept und Erörterung des Saussure’schen und des Pierce’schen Zeichenmodells aus dem platonisch grundierten buddhistischen Bild des Reihers (das feste Werk) und seines auf dem Wasser variierenden Schattens (die materialen Erscheinungsformen des Werkes bzw. seine Versionen) ab (S. 14–25). In diesem Sinne können die verschiedensten Realisierungen des Werks in den noch in sich differenten Formen von Handschrift, Druck, Ton(träger) oder elektronischem Medium mit N. Katherine Hayles’ Begriff der ‘material metaphor’ bezeichnet werden; in ihm kommen die “multi-layered material and conceptual identities of the text” zum Ausdruck: als “interplay between the actualized states of the text and its total, ‘ultimate’ being” (S. 5).
DOI: | https://doi.org/10.37307/j.1866-5381.2012.02.12 |
Lizenz: | ESV-Lizenz |
ISSN: | 1866-5381 |
Ausgabe / Jahr: | 2 / 2012 |
Veröffentlicht: | 2012-12-14 |
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