Kaum ein Text hat – jedenfalls in der deutschsprachigen Forschung – in den letzten beiden Jahrzehnten die Reflexion über die Liebe in der Literatur in solchem Maße angeregt wie Niklas Luhmanns 1982 erschienenes Buch Liebe als Passion. An seine Thesen knüpfen auch die meisten der siebzehn Aufsätze zum erotischen Diskurs in Prousts Recherche an, die Friedrich Balke und Volker Roloff zusammengestellt haben und die aus einer Tagung des Siegener Graduiertenkollegs “Intermedialität” hervorgegangen sind. Der Untertitel des Sammelbandes, der auf den Untertitel von Luhmanns Buch (Zur Codierung von Intimität) anspielt, weist freilich von Anfang an darauf hin, dass es den Autoren nicht darum geht, die in Liebe als Passion entwickelten Konzepte einfach auf Prousts Romanzyklus anzuwenden; das Buch zeigt vielmehr in eindrucksvoller Weise, wie Luhmanns Überlegungen einerseits den Zugang zur komplexen Welt der Liebe in der Recherche eröffnen können, wie aber auf der anderen Seite eben diese Komplexität des literarischen Werkes dazu zwingt, wesentliche Aspekte der in Liebe als Passion beschriebenen historischen Liebessemantik zu revidieren und zu ergänzen.
DOI: | https://doi.org/10.37307/j.1866-5381.2006.01.59 |
Lizenz: | ESV-Lizenz |
ISSN: | 1866-5381 |
Ausgabe / Jahr: | 1 / 2006 |
Veröffentlicht: | 2006-04-01 |
Seiten 217 - 219
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