Die Monographie ist eine Freiburger Dissertation aus dem Jahre 2006. Sie interpretiert ausführlich zwei Werke aus dem Rougon-Macquart-Zyklus, nämlich L’Oeuvre und L’Assommoir. Ihr Ausgangspunkt ist die Tatsache, dass bereits zeitgenössische Leser die Milieubeschreibungen Zolas mit Photographien verglichen. Zola verstand dies als Kritik und wehrte sich gegen eine Deutung seines Schreibens als einer bloßen Ablichtung von Wirklichkeit. Sein ästhetisches Konzept faßte er bekanntlich u.a. in das berühmt gewordene Diktum vom coin de la nature vu à travers un tempérament. Er wollte, auch dies ist bekannt und hinlänglich oft diskutiert worden, Kunst und Wissenschaft miteinander verbinden. Das Wissenschaftliche bedeutete für ihn sowohl ein Ethos der genauen Dokumentation als auch den Mythos einer fortschreitenden, die Geschichte gestaltenden Menschheit. Das Künstlerische daran sollte das Erleben dieser Geschichte in einzelnen und doch zusammenhängenden Menschenschicksalen sein, die ihrerseits in ihrer biologischen und sozialen Gesetzmäßigkeit durchsichtig gemacht werden. Angetrieben war Zola von einer Wahrheitskonkurrenz, in welcher die Wissenschaft der Kunst den Primat streitig machte. Statt roman nannte er seine Werke lieber étude. Er glaubte, dem wissenschaftlichen Experimentieren gleich (le roman expérimental), mit seinem Schreiben Neues entdecken und auf diese Weise sozusagen die Wissenschaft ästhetisch überbieten zu können. Das Synthetische der Kunst gegenüber der analytischen Wissenschaft läge darin, dass sie die objektive Darstellung der Wirklichkeit subjektiv erfahrbar zu machen weiß. Diese Subjekt-Objekt-Dichotomie umreißt den epistemischen Horizont des Zolaschen Schreibens.
DOI: | https://doi.org/10.37307/j.1866-5381.2010.02.45 |
Lizenz: | ESV-Lizenz |
ISSN: | 1866-5381 |
Ausgabe / Jahr: | 2 / 2010 |
Veröffentlicht: | 2010-12-20 |
Seiten 440 - 442
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